Wir stehen im Dienst der Patientinnen und Patienten

Spitalratspräsident Martin Waser und CEO Gregor Zünd über das Geschäftsjahr 2016, die Medizin von morgen und die Vorbereitungen auf das künftige Spital.

Mit Gregor Zünd steht seit 2016 ein neuer CEO an der Spitze des USZ. Wird jetzt alles anders?

Gregor Zünd: Ein Führungswechsel bringt immer gewisse Veränderungen mit sich. Im Vordergrund steht jedoch in erster Linie, für Kontinuität zu sorgen und die angestrebten Veränderungen schrittweise, in gegenseitiger Absprache und wohlüberlegt zu implementieren. Wir wollen auch weiterhin in gewohnt herausragender Qualität die Versorgung optimal sicherstellen und uns in Forschung, Lehre und Entwicklung engagieren. Darüber hinaus streben wir an, vermehrt Kooperationen mit unseren Partnern in anderen universitären Kliniken und auch mit anderen Spitälern einzugehen.

Martin Waser: Es ist völlig normal, dass der «Kapitän» die Richtung neu justiert. Mit Gregor Zünd hat jemand das Steuer übernommen, der das USZ in die Zukunft führen kann.

Kooperationen sind ein Bestandteil der künftigen Ausrichtung, Sie haben es erwähnt. Warum sind sie für das USZ wichtig?

GZ: Wir zielen in der spezialisierten und hochspezialisierten Medizin auf Exzellenz und eine starke regionale, nationale sowie in ausgewählten Fachrichtungen und Themen internationale Positionierung. Um dieses Ziel zu erreichen, sind wir auf starke Partnerschaften angewiesen. Aus diesem Grund arbeiten wir in Kooperationen eng mit anderen Institutionen zusammen und suchen gemeinsam nach innovativen Lösungen.

MW: In vielen Spitälern wird sehr gut gearbeitet. Mit unserer Aus- und Weiterbildung leisten wir einen wichtigen Beitrag, um diese Qualität auch weiterhin zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Grundlage für erfolgreiche Kooperationen und kommt auch unseren Patientinnen und Patienten zugute.

Das USZ hat 2016 einen markant höheren Gewinn ausgewiesen. Was sind die Gründe dafür?

MW: Das gute Resultat ist differenziert zu betrachten. Es ist unter anderem in einem Einmal­­effekt im Berichtsjahr begründet. Das USZ bildete aufgrund von Risikoüberlegungen Rückstellungen, die nun aufgelöst werden. Ohne diesen Effekt resultiert ein erwirtschafteter Gewinn in der Höhe von 52.3 Millionen Franken. Diese Summe entspricht in etwa der Grössenordnung, die wir in Zukunft für die Finanzierung der baulichen Vorhaben erwirtschaften müssen. Das Resultat macht deutlich, dass sich die Anstrengungen aller unserer Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter gelohnt haben. Ihnen gebührt unser Dank für ihren herausragenden Einsatz im ver­gangenen Jahr.

Am DRG-System wurde in den vergangenen Jahren auch aus dem USZ Kritik geübt, weil es die hoch­spezialisierten Leistungen nicht genügend abbilde. Mit dem ausge­­wiesenen Gewinn scheint das kein Problem mehr zu sein.

GZ: Das Problem ist nicht behoben. Die Leistungen der universitären Spitäler sind im DRG-System gesamthaft betrachtet weiterhin ungenügend abgebildet. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das System so optimiert wird, dass unsere Leistungen angemessen entschädigt werden. Der entscheidende Faktor ist und bleibt jedoch unser hervorragendes Personal. Ich möchte mich dem Dank an unsere Mitarbeitenden anschliessen. Ohne ihr grosses Engagement für das USZ wäre dieses Ergebnis nicht möglich gewesen.

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Das Resultat macht deutlich, dass sich die Anstrengungen aller unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelohnt haben.»
Martin Waser, Spitalratspräsident

Am USZ wurde 2016 ein neues Institut für Notfallmedizin gegründet. Was ist seine Aufgabe?

GZ: Die Notfallstation ist die wichtigste Eintrittspforte und die Visitenkarte des Universitäts­spitals. Das neue Institut koordiniert und optimiert die Zusammenarbeit in der Notfallmedizin mit den spezialisierten Kliniken. Das Betreiben einer patientenorientierten und auf die Notfallmedizin fokussierten Organisation stellt eine grosse Herausforderung dar. Innert kürzester Zeit müssen Prioritäten gesetzt, Diagnosen gestellt und Therapien durchgeführt werden. Optimierte Abläufe führen zu einer höheren Patientenzufriedenheit und zu einem besseren medizinischen Outcome.

Sie haben 2016 eine Praxis für Bildgebung in Wollishofen übernommen. Wird das USZ in Zukunft mehr Aussenstellen betreiben?

GZ: Ja, wir werden im Jahr 2020 die Hälfte unserer ambulanten Leistungen am Flughafen erbringen.

MW: Aussenstationen sind niederschwellige Anlaufstellen und verbessern die Versorgungsqualität.

GZ: Wir sehen zudem vor, mit dem Spital Bülach am Flughafen Zürich eine Kooperation einzugehen, und auch mit den niedergelassenen Ärzten im Zürcher Unterland suchen wir nach interessanten Möglichkeiten einer engen Zusammenarbeit.

Ist diese Trennung von stationärer und ambulanter Versorgung die Zukunft der Medizin?

GZ: Das USZ hatte diese Trennung schon in den 70-er Jahren: Damals war die ambulante Medizin im Trakt an der Rämistrasse untergebracht und die stationäre Medizin in den hinteren Trakten. Heute sind neue Prozesse die Auslöser. Stationäre Medizin betreiben wir 365 Tage, 24 Stunden lang; ambulante Medizin von morgens sieben Uhr bis abends sieben Uhr, fünf Tage in der Woche. Das erfordert ganz andere Prozesse.

MW: Es braucht neue Prozesse und neue Zusammenarbeitsformen. Das verlangt zum Teil auch kulturelle Veränderungen am USZ. Mit dem Entscheid für das USZ Flughafen haben wir uns für diese Trennung entschieden. Und das wollen wir jetzt konsequent umsetzen.

Berthold, die Gesamterneuerung des USZ, ist ein Generationenprojekt. Woran hat das USZ im Berichtsjahr gearbeitet?

MW: Die zentrale, städtische Lage des Unispitals ist ein Vorteil und eine Verpflichtung, ein attraktiver Teil von Zürich zu sein. Darum suchen wir den Dialog mit der Bevölkerung von Quartier, Stadt und Kanton. Hierfür entwickeln wir eine Dialogplattform im Haus der Alten Anatomie.

GZ: Berthold ist eine anspruchsvolle Herausforderung. Es verlangt von uns eine verlässliche, vorausschauende Planung über die nächsten Jahre. Wir planen derzeit beispielsweise die Rochade des ersten Baufelds, damit dort gebaut werden kann. Wir haben entschieden, Büro­flächen zu stationären Zimmern umzubauen, damit die Bettenstationen im heutigen Ost-Trakt in den Nord-Trakt verlegt werden können.

Was löst die Planung an Berthold bei den Mitarbeitenden im USZ aus?

MW: Ich nehme eine positive Grundstimmung bei den Mitarbeitenden wahr. Man glaubt wieder daran, dass die notwendige bauliche Entwicklung möglich ist. Mit dem Bezug des Modulbaus in zwei Jahren wird es konkret. Der Bezug des neuen Gebäudes verändert auch die Zusammenarbeit und erfordert die Entwicklung unserer Betriebskultur. Die ganze Organisation ist davon betroffen. Dabei stützen wir uns auf die Erfahrung und das Wissen unserer Mitarbeitenden.

GZ: Auch ich spüre eine Aufbruchstimmung. Ab 2019 werden wir Schritt für Schritt grössere Einheiten beziehen. Dazu benötigen wir die Unterstützung von allen unseren Mitarbeitenden. Die strikte Abgrenzung, die bisher zwischen den Kliniken bestand, wird durchlässiger, wir werden die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fächern noch intensiver fördern. Die angestrebten Veränderungen verlangen Offenheit und Kooperationsbereitschaft. In diesen Themen sind insbesondere die Führungsgremien innerhalb unserer Organisation gefordert.

Um diese Veränderungen zu begleiten, haben Sie einen neuen Strategieprozess gestartet.

MW: Die Mitarbeitenden sollen ein Bild davon haben, wie sich dieses Spital in den nächsten 20 Jahren entwickeln wird. Sie müssen sich mit diesen Zielen identifizieren und sollen auch ihre Vorstellungen einbringen können. Ihre wichtigste Motivation ist es, dass die Patientinnen und Patienten wieder gesund werden und eine bessere Lebensqualität haben. Das und vieles mehr wollen wir mit der Strategie unterstützen.

GZ: Wir wachsen im ambulanten Bereich doppelt so stark wie im stationären. Dies bringt Veränderungen mit sich – dafür bilden wir die strategische Basis. Die Strategie unterstützt uns dabei, dass bei der zukünftigen Entwicklung des USZ alle an einem Strick ziehen.

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Wir werden die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen medizinischen Disziplinen noch intensiver fördern.»
Prof. Dr. med. Gregor Zünd, Vorsitzender der Spitaldirektion/CEO

Ein Kernauftrag des USZ ist die Versorgung der Patienten. Gibt es diesbezüglich erwähnenswerte Entwicklungen?

GZ: Wir haben 2016 vermehrt sogenannte Boards eingesetzt. Das sind Gremien, in denen verschiedene Spezialisten zusammen die für einen Patienten optimale Diagnostik und Therapie diskutieren und festlegen. Es können gemeinsam abgestützte Fachentscheide getroffen werden, und dies führt wiederum zu einer erhöhten Qualität in der Diagnosefindung und in der Wahl der geforderten Therapie.

MW: Wir beobachten eine zunehmende Spezialisierung in der Medizin. Wenn die Spezialisten so zusammenarbeiten, gewinnen sie einen gesamtheitlichen Blick auf den Patienten.

Das Zentrum für Hämatologie und Onkologie kann als Beispiel dienen?

GZ: Ja, das ist ein gutes Beispiel. Im Rahmen der Spezialisierung und der Aufsplitterung der Gebiete intensiviert man die interprofessionelle Zusammenarbeit. Dafür sind Zentren sehr gut geeignet. Wir haben das Herzzentrum, wir haben auch das Zentrum für Hämatologie und Onkologie, wir haben das Zentrum für Klinische Neurologie. Wir glauben, die Tendenz hin zur Bildung von Zentren ist der richtige Weg, um optimierte Versorgung anbieten zu können.

Auch das Cancer Center Zürich hat sich im vergangenen Jahr weiterentwickelt.

GZ: Ja, das Cancer Center ist zertifiziert worden. Wir lassen Zentren zertifizieren, weil das uns zu hoher Qualität verpflichtet. Es ist sehr wichtig, unseren Patienten gute Qualität in der Entscheidungsfindung und bei der Durchführung der Therapie garantieren zu können.

Die Forschung nimmt am USZ einen hohen Stellenwert ein. Über welche Erfolge können Sie für 2016 berichten?

GZ: Wir führen am USZ pro Jahr rund 300 klinische Studien durch, eine Mehrheit davon in den onkologischen Fächern. Am USZ entwickelt wurde beispielsweise auch das Cardioband. Damit können beschädigte Herzklappen repariert werden, und die Patienten sind durch den Eingriff weniger belastet als bisher. Bereits haben 30 Patienten davon profitiert. Erfolgreich war auch die Entwicklung einer Software, die automatisch Hirnstrommessungen während Gehirnoperationen auswertet und damit Aussagen über den Erfolg einer Epilepsiebehandlung erlaubt. Mit solchen Fortschritten tragen wir zur Weiterentwicklung der Medizin bei.

Ende 2016 wurde die Stiftung des USZ auf den Weg gebracht. Wozu dient diese Stiftung?

GZ: Sie soll uns helfen, die Forschung und Entwicklung am USZ zusätzlich ideell und finanziell zu unterstützen. Damit verfügen wir über ein weiteres Instrument, die Medizin von morgen zu gestalten – zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten. Die Stiftung unterstützt uns auch darin, die ausserordentlichen Leistungen des USZ gegenüber der Öffentlichkeit darzustellen.

MW: Mit der Stiftung schaffen wir einen Freiraum. Die Finanzierung der Forschung wird heute durch den Kanton, den Bund und Stiftungen sichergestellt. Für die Umsetzung von speziellen Interessen des USZ fehlen uns die Mittel. Solche Projekte können wir über die Stiftung ermöglichen. Sie hilft uns auch, zusammen mit unseren Partnern den Medizinstandort Zürich weiterzuentwickeln und zu fördern.

Martin Waser
Präsident des Spitalrats

Martin Waser ist seit 2014 Präsident des Spitalrats. Von 2002 bis 2014 war Martin Waser für die Sozial­demo­kratische Partei Mitglied des Zürcher Stadtrats, zuletzt amtete er als Vorsteher des Sozialdepartements. Martin Waser ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.

Gregor Zünd, Prof. Dr. med.
Vorsitzender der Spitaldirektion/CEO

Gregor Zünd ist seit April 2016 Vorsitzender der Spitaldirektion und CEO. Davor war er tätig als Direktor Forschung und Lehre des USZ sowie als Managing Director des Zentrums für Klinische Forschung. Er hat einen Fach­arzttitel für Herzchirurgie und ist Professor ad personam an der Universität Zürich. Gregor Zünd ab­solvierte mehrjährige Auslandsaufenthalte in Houston und Boston, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.